Harley-Davidsons Rolle im Motorsport
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Lebensgefühl auf zwei Rädern: 120 Jahre, nachdem William S. Harley und Arthur Davidson ihre erste gemeinsame Werkstatt in einem kleinen Schuppen im US-amerikanischen Milwaukee eingerichtet haben, sind die beiden Namen für Millionen von Fans gleichbedeutend mit dem Wort Motorrad.
Dabei sind viele der frühen Erfindungen der beiden Tüftler noch heute bei den Straßenmaschinen im Einsatz. Der 45-Grad-V-Motor wird seit 1909 bei den meisten Modellen noch immer in diesem Winkel eingebaut, und bequeme Trittbretter für die Füße sind bei Harley-Davidson seit 1916 im Einsatz. Kickstarter, Dreiganggetriebe und Rollenkette für den Hinterradantrieb stammen ebenfalls aus diesem Jahr.
Der Schwerpunkt auf solider Technik war denn auch einer der Erfolgsgaranten für die beiden Motorradenthusiasten, die gemeinsam als technischer Zeichner und als Modellbauer bei einem Elektromotorhersteller gearbeitet hatten.
Obwohl ihre ersten drei Bikes kaum mehr als mit einem Motor ausgerüstete Fahrräder waren, erwies sich das „Modell 0“ von Anfang an als zuverlässig und dauerhaft. Mehr als 100.000 Meilen konnten damit zurückgelegt werden.
Die Begeisterung für die knatternden Maschinen steckte bald auch Davidsons Brüder und seinen Vater an, und aus dem tüftelnden Duo wurde ein geschäftstüchtiges Quartett, das rasch ein Verkaufsnetz von der Ostküste der USA bis nach Kalifornien hatte.
Zu verdanken war das unter anderem Walter Davidsons Sieg 1908 bei einem Verbrauchsrennen über 50 Meilen, bei dem er gleichzeitig Sparsamkeit und Zuverlässigkeit seines Motorrades demonstrierte.
Schnell waren die frühen Harley-Davidson ebenfalls. Bereits die erste Generation der Zwei-Zylinder-Maschinen brachte es auf 820 Kubikzentimer, 7 PS und rund 100 Stundenkilometer. Ein Werksrennteam, die so genannte Wrecking Crew, raste Mitte der 1910-er Jahre der Konkurrenz bei so gut wie allen Rennen auf Motorrädern wie dem Eight-Valve-Racer mit bis zu 180 Sachen davon.
In Europa begann der Siegeszug der Maschinen aus Milwaukee mit dem Ende des Ersten Weltkriegs. Ray Holtz gilt als erster US-Amerikaner, der am 12. November 1918 deutschen Boden erreichte, nachdem er drei Tage lang vor der Kapitulation Deutschlands Kriegsgefangener gewesen war. Das Bild des Corporals auf seiner Harley-Davidson mit Seitenwagen hat Geschichte gemacht.
Schon bald wurden auch in Europa Motorradrennen ausgetragen, in denen neben einheimischen Marken wie BMW die Maschinen aus Milwaukee zeigten, was in ihnen steckt. Harley-Davidson hatte dabei allerdings einen Exotenstatus, weil einheimische Motorräder die Strecken in Frankreich, Großbritannien, Deutschland und den anderen Bike-begeisterten Ländern dominierten.
In den USA hingegen waren nur zwei Marken ernsthaft im Rennen um die schnellsten Motorräder: Harley-Davidson und Indian.
Dabei waren Rekorde nicht einmal der vorherrschende Gedanke, was die Entwicklung bei Harley-Davidson anging. Der Komfort der Fahrer stand ebenso im Vordergrund wie das Tempo, das aus den Maschinen herausgeholt werden konnte.
Die Weltwirtschaftskrise hinterließ auch bei der Firma aus Milwaukee ihre Spuren.
Es dauerte lange, bis sich Harley-Davidson dafür entschied, richtig in den Rennsport zu investieren und Jahrzehnte nach der „Wrecking Crew“ ein eigenes Werksteam zu gründen.
Rennbereite Motorräder aus Milwaukee wurden Privatbesitzern bereits ab 1952 zur Verfügung gestellt. Bis zu 48 PS steckten in den ersten Modellen der KRTT.
Ab 1970 kamen die KRTT auf 90 PS, was allerdings im Vergleich zur japanischen Konkurrenz noch immer wenig war.
Endgültig wieder konkurrenzfähig wurde Harley-Davidson mit der Übernahme des italienischen Konzerns Aermacchi, die auch dessen Rennsportabteilung beinhaltete. Die Italiener hatten seit 1971 Rennmotorräder mit 250, 350 und 500 ccm für die auch bei den Sportwetten beliebten Weltmeisterschaften entwickelt.
Harley-Davidson nutzte diese Maschinen, um Werksfahrer auf die bedeutenden Grand-Prix-Pisten der Welt zu schicken. Das Ergebnis waren unter anderem vier Weltmeistertitel, die der Italiener Walter Villa für Harley-Davidson holte.
Auch bei den Flat-Track-Rennen hinterließ Harley-Davidson seine Spuren. Eine Regeländerung führte 1969 dazu, dass Rennmanager Dick O‘ Brien und sein Team die bisherigen Maschinen modifizierten. Das Ergebnis war die XR 750, die rasch zum dominierenden Bike im Flat Track wurde. Der legendäre Motorrad-Stuntfahrer Evel Knievel vollführt seine atemberaubenden Tricks von Dezember 1970 bis zu seinem letzten Motorradsprung 1977 auf einer XR 750.
Obwohl sich Harley-Davidson aus finanziellen Gründen 2021 dazu entschlossen hat, komplett aus der Rennsportunterstützung auszusteigen, gibt es weiterhin auf mehreren Kontinenten Rennen speziell für Harleys. Auf dem Kalender steht dabei unter anderem eine European H.O.G. Rally im Juni 2024 in Italien.
Biker-Nostalgie pur lässt sich auch auf dem Bildschirm erleben. Wie kein anderes Motorrad hat Harley-Davidson die Filmgeschichte mitgeprägt. Vom Road-Trip-Klassiker „Easy Rider“ von 1968, bei dem Peter Fonda und Jack Nicholson als kiffende Hippies auf ihren Choppern die große Freiheit erleben bis zu „Terminator 2“ von 1991, bei dem Arnold Schwarzenegger auf einer Fat Boy seinen Schützling John Connor zu retten versucht, lassen die Motorräder den Puls höherschlagen. Ob mit oder ohne Rennteams: Harley-Davidson ist und bleibt ein Stück Lebensgefühl auf zwei Rädern.