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Motorrad angetestet: Harley-Davidson 2009 VRSCF V-Rod Muscle

(c) Falk W. Müller

Harley-Dampfhammer

Ihr wolltet schon immer einen Harley-Dampfhammer, um Joghurt-Becher beim Drag Race an der Ampel so richtig alt aussehen zu lassen. Aber die V-Rod war euch optisch zu zierlich. Jetzt bekommt ihr mit der VRSCX V-Rod Muscle einen gewaltigen Nachschlag.

Wisst ihr noch, als 2002 die ganze Harley-Welt wegen der wassergekühlten V-Rod aufgeschrien hat? Alles vergessen. Das Teil hat seine eigene Fangemeinde bekommen und begeistert seine Fahrer mit gewaltigem Speed. Zwischenzeitlich sogar mit 240er Pelle und 1250er Revolution-Motor für noch mehr Druck. Optisch lang und in der Breite zierlich.

Hey Guys, wanna more?  Here ya go!

Und raus kam die V-Rod Muscle. Der Name ist Programm. Harley hat nichts ausgelassen, um der schlanken und ranken V-Rod ein optisches Power-Lifting zukommen zu lassen. Ein fetter Endtopf auf jeder Seite, Masken am Luftfilter-Cover, das ultrabreite Heck, verbreiterte Kühlerverkleidungen. Wo sind die Blinker hin? Die sind ganz elegant in die Spiegelhalterungen vorne und ins Heck hinten gewandert. Keine schlechte Idee.

Ihr wollt Power? Kriegt ihr. Schon der 1130er Revolution war mit seinen 117 PS kein Kind von Traurigkeit. Da habt ihr schon lange vor den maximalen 9.000 Touren gegrinst. Jetzt mit dem 1250er-Motor und seinen 125 PS geht es so richtig ab – „V-Rod on Steroids“ sozusagen. Das beste: ihr kriegt nochmal deftig Drehmoment = Durchzug dazu.

Nehmt euch eine leere Autobahn

Das Ausprobieren geht am besten so: Ihr nehmt euch eine schöne lange Gerade oder eine leere Autobahn. Jetzt gebt ihr Vollgas und haltet euch fest. Und beschleunigt so lange bis euch der Gegenwind bei 240 rum runterreißt. Unbeschreiblich genial wie der Motor hochbellt und aggressiv am Gas hängt. Garantiert. Full Speed ab dem ersten Meter, denn weder rutscht der warmgefahren super grippende Dunlop Elite 3 D419 (vorne: D208) bei Trockenheit weg, noch hebt sich das Vorderrad.

Ihr konntet euch bislang nicht vorstellen, mit einer Harley dem Racer mit quietschbunter Lederkombi von nebenan Paroli bieten zu können? Euer Tag ist gekommen. Und während er seine 180 PS versucht im Zaum zu halten, sein Vorderrad mit ach und krach unten hält, gebt ihr einfach Stoff. Und grinst wieder, ebenfalls weit vor 9.000 Touren.

Kurven? Jo mei.

Die Quartermile hat keine. Aber hätte sie welche, die Muscle wäre bestimmt kein schlechtes Bike dafür. Mal von ihrer Schräglagenfreiheit abgesehen. Trotz 240er Gummi geht sie dank anständig breitem Lenker und niedrigem Schwerpunkt ganz ordentlich in die Schräge, kratzt halt irgendwann gutmütig mit den Fußrasten auf dem Asphalt. Also müsst ihr vor Kurven langsamer werden – irgendeine Berechtigung brauchen die scharfen ABS-Bremsen schließlich auch, deren Sensoren elegant in den Achsen versteckt sind.

Also: geht das Ding kaufen wenn ihr euren Spaß damit haben wollt, in Cruiser-Sitzhaltung GSX-R, R1 & Co. an der Ampel zu verblasen und euch geschätzte 34° Schräglagenfreiheit nicht stören. Und pssst, nicht weitersagen – habt ihr mal darauf geachtet, wie viele Racer mit blanken Schleifern und weit raushängendem Knie durch die Kurve stehen? Da kommt ihr locker hinterher. Nur so als kleine Beobachtung aus der Praxis.

Fakten

Revolution-Motor, 1.246 cm³ V2 60°, 92 kW (124 PS) bei 8.300 U/min, 115 Nm bei 6.500U/min, 292 kg Leergewicht, >220 km/h, Elektronische Benzineinspritzung, Wasserkühlung.

Bilder